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Salzburger Volkszeitung, 4. August 2006

Raritäten im Zauberspiegel
Festspiele/Residenzhof: "Irrfahrten", 2. Teil, "Abendempfindung"

Zunächst hieß es Warten. Bevor eine "Abendempfindung" als solche empfunden werden kann, muss erst der Abend hereinbrechen. Mit dem ersten Dämmern startete am Mittwoch das Pasticcio, das die zwei Opernabende der "Irrfahrten"-Trilogie verband. Um den Weg Mozarts vom unzufriedenen Hofbeamten zum freien Popstar nachzuzeichnen, haben Joachim Schloemer und Bettina Auer tief in der Fundgrube des Meisters gekramt und musikalische Fundstücke mit einer Quasi-Handlung zu einem bilderstarken Reigen zusammengefügt.
Voller Intimität startete die "Abendempfindung'', nämlich mit eben dieser "an Laura". Ann Murray packte ihr ganzes Arsenal an stimmlichen Ausdrucksmöglichkeiten in dieses Hammerklavier-begleitete Lied, und es schien, als würde der Freiraum des Residenzhofs einer der poetischen Art werden. Marianne Hamre, tags zuvor Moderatorin, rezitierte Bekanntes à la "Ich kann nicht vor einem leeren Stuhl spielen". Unzufriedenheit und Zweifel sind stets präsent. Schloemer lässt Murray, Hamre und den Tänzer Graham Smith Koffer mit Geld füllen und schließlich anzünden - eine stimmige Metapher für die Ambivalenz der Tourneetätigkeit. Dazu fügen sich die Videokünstler von "Fett-Film" dezent, aber effizient in das szenische Konzept ein - so verschieben sich in einem Zauber-Spiegel gegenüber Dimensionen (virtuell) beliebig. Dann tanzt Smith den (historisch belegten) Zappelwolferl über luzid schwebenden Klängen des Adagios für Glasharmonika, Flöte, Oboe und Cello. [...]

Florian Oberhummer