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Dolomiten, 3 August 2006

Bekränzte Lorbeeren im Lebensbogen
Salzburger Festspiele: "La finta semplice" als Auftakt zur Mozart-Trilogie "Irrfahrten"

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Im Residenzhof geht Joachim Schloemer mit seiner Inszenierung mit dem Genie auf Spurensuche und findet. Nach Carlo Goldoni hat Marco Coltellini das Libretto verfasst. Schloemer lässt Handlung der einfältigen, geizigen Frauenfeinde und Edelmänner, der listigen Zofen und edlen Frauen, von Auctoritas (Marianne Harare) in deutscher Sprache kommentieren - ein gelungenen Kunstgriff -, weil sie nicht nur narrativ die Inszenierung mit gestaltet.
Milchweiß wie ein auf gefaltetes Blatt wirkt die extrem schräge Bühne von Jens Kilian wie eine moderne Skulptur, in der auch die Gerüste im Lichtdesign von David Finn integriert sind. Schloemer dirigiert die Sänger mit bestechender Eurhythmie, weil er konventionelles Opernspiel unterbindet. Zwar zersplittert sich durch die vielen Arien oft Szenisches wegen abrupter Lichtwechsel, doch es überwiegt die Poesie und nicht das simple Buffospiel. Wunderbar ist, wenn Rosina - herrlich Malin Hartelius - implodierend ihre Arien mit langem Frauenhaar vorträgt und von der dunklen Rosina - Anna Tenta - mit Schattenspiel begleitet wird, oder splitternackt mit bodenlangen Haaren während der fabelhaften Amorette-Arie, ihre Gefühle widerspiegelt. Ein Traumbild für Mozart.
Mit Ninetta - Silvia Moi, Giacinta - Marina Comparato, Don Cassandro - Josef Wagner, Don Polidoro - Matthias Klink, Fracasso - Jeremy Ovenden und Simone - Miljenko Turk wird diese "Finta" zu einem musikalisch-komödiantischen Ereignis. Alle singen mit Kultur textverständlich - in weißen Kostümen (mit witzig toupierten Frisuren), die allmählich in Liebesrot übergehen oder mit roter Farbe ausgelassen übergossen werden. Es gibt viele Bilder und Wundermomente, die Dirigent Michael Hofstetter und die Camerata Salzburg als künstlerisch perfekte Partner mit feinster Mozart-Symbiose einfangen und mit Lorbeeren bekränzen.

C. E. Pichler