- 7. Mai 2003
Falter
Die Lust am Lärm - 11. Mai 2003
Der Kurier
"Variationen des Sterbens" - 17. Mai 2003
Der Standard
Die Vertonung der Gewalt - 20. Mai 2003
Der Standard
Klangpfade zu historischen Räumen der Gewalt - 20. Mai 2003
Wiener Zeitung
Wenn Stimmakrobaten auf verlorenem Posten stehen - 20. Mai 2003
Die Welt
Schwarze Messe, Menschengemetzel - 20. Mai 2003
Neue Zürcher Zeitung
Kein Entrinnen - 20. Mai 2003
Der Kurier
Eine Oper als beklemmender Totentanz - 21. Mai 2003
Frankfurter Rundschau
Geräusche der Blutsäufer
Der Standard, 17. Mai 2003
Die Vertonung der Gewalt
Komponist Wolfgang Mitterer im Gespräch
Immer etwas stoisch-grüblerisch die Miene von Wolfgang Mitterer - auch als Liveperformer. Dennoch möchte man ihn eine Art Ein-Mann-Oper nennen. Hinter seinen Keyboards verschanzt und unterstützt durch allerlei Klangerzeuger, die entzückend lärmen und bis zu quietschenden Kinderspielzeugen reichen können, entwirft er oft mit kalkulierter Improvisatorik einen Klang- und Geräuschkosmos der theatralischen Art.
Auch als Organist kann Mitterer den Sound effektvoll "in den Wahnsinn treiben". Es scheint, seine Tasten- ist auch eine Theaterpranke. Und das hat der Komponist Mitterer bei diversen Projekten unter Beweis gestellt, als Mann "zwischen den Szenen", der die Lust des improvisatorischen Augenblicks schätzt, aber auch markante Klangräume zu entwerfen imstande ist. Das Wörtchen Oper, das hat er bisher jedoch gemieden.
Aber siehe, nun ist Massacre da - mit Handlung und Figuren: "Ich sehe mich als Auftragskomponist. Ich schreibe nicht für die Nachwelt oder für die Schublade. Ich habe gemeinsam mit Gerhard Dienstbier von der Taschenoper einen griffigen dramatischen Stoff gesucht und gefunden, und wenn es um Tod, ums Sterben geht, lässt sich eben gut singen."
Basis der Oper, die am Sonntag im Rahmen der Festwochen im Ronacher uraufgeführt wird, ist Christoper Marlowes Tragödie The Massacre at Paris. Es geht bei Marlowe um die politischen Wirren und Krisen von Paris, die in der Bartholomäusnacht des Jahres 1572 kulminierten. Im Namen des Königs von Frankreich und seiner Hintermänner sollten alle Hugenotten (die protestantische Bevölkerung) umgebracht werden. Vor einigen Jahren hat Mitterer begonnen, sich mit dem Stoff auseinander zu setzen, ein Jahr lang hat er schließlich komponiert. "Die Musik ist eher weich, aber es gibt natürlich die Bombe, aus dramaturgischen Gründen. Der Weg zum Stück? Zuerst mache ich ein elektroakustisches Bühnenbild für jede Szene, dann die Melodien. Ich habe schlanke, vibratolose Stimmen zur Verfügung, die Tonales bis Schwieriges zu singen haben. Auch sonst ist es für sie nicht leicht. Joachim Schloemer hat nicht konventionell opernmäßig inszeniert. Manchmal ist es nicht wirklich klar, sind das jetzt Tänzer oder Sänger."
Er selbst wird nicht mitwirken, hat genug damit zu tun, die Sachen im Ronacher akustisch ideal einzurichten: "Ich werde hinter dem Mischpult sitzen und auf den Ablauf achten. Wobei: Ich bin mit den Technikern der Wiener Festwochen sehr zufrieden, es ist gut, wenn auf der Baustelle nicht gestritten wird und alles gleich funktioniert."
Apropos Streit. Mitterer ist in jenen zwischen Wiener Festwochen und Bund geraten, der die Subvention für das Wiener Festival gestrichen hat. Mitterer wundert sich über den Bund, der behauptet, über Massacre eine Projektförderung (Summe: 13.200 Euro) der Festwochen zu betreiben: "Ich habe für Massacre nie um eine Projektförderung beim Bund angesucht. Ich habe lediglich für 2003 ein Staatsstipendium für meine kompositorische Tätigkeit bekommen. Da verwechselt jemand etwas..."
Ljubisa Tosic