- 12 September 1995
Basler Zeitung
Zeremonie der Erinnerung - 15 September 1995
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Viel Nachhall in klarer, dünner Luft - 15 September 1995
Die Zeit
Abschiedswalzer, Trauermarsch - 11/1995
Die Deutsche Bühne
Im Hochland der Tanzkunst - 11/1995
Ballett international
Eine schottische Zeitreise - 11 April 1996
Al-Ahram weekly
Poetry of paradox - 26 May 1996
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Tänzer im Hochland
Basler Zeitung, 12 September 1995
Zeremonie der Erinnerung
Weimar: Joachim Schloemer, designierter Tanzdirektor in Basel, choreographierte «Hochland»
[...] Die Tänzerinnen und Tänzer tanzen weder einer Handlung nach noch der Musik hinterher. Keine pünktlich zu Vorstellungsbeginn hocherregte Seele stülpt sich hier nach aussen im Ausdruckstanz. Sondern es korrespondieren die reinen Bewegungszeichen und die Formen. Das abstrakte Armkreuz einer Tänzerin wiederholt sich im Armzeichen einer Verkehrspolizistin und wird schliesslich weitergetragen als Form im Holzkreuz bei einem Trauerzug. Die Zeichen sind sehr sparsam gesetzt, aber voller Bewusstsein fürs menschliche Unbewusste. Denn über eine solche Sprache der Zeichen funktioniert das Träumen und Erinnern bei Schloemer wie bei seinen Tänzern wie beim Publikum. So zieht uns Schloemer wie von innen herein in seine Imagination, sehr sanft, sehr nachhaltig.
[...] was zu Beginn so zusammenhanglos aussieht, ist innerlich verbunden und setzt sich zunehmend zusammen. Vom höfischen Schreittanz zum Karnevalsumzug und zu einem Trauermarsch, von dem schliesslich nur noch Schatten bleiben: Immer die gleiche einfache Reihe ist das, aber stets hat sie eine neue Bedeutung - und verweist gleichzeitig zurück auf die Vergangenheit.
Wie durch unsichtbare Fäden zusammengehalten sind die Tänzerinnen und Tänzer. Eine Frau [...] Seltsam schwebend wird die Atmosphäre, ohne dass auch nur eine einzige Hebefigur oder ein Tänzersprung nötig sind - allein durch die Choreographie, durch diese gleichmässige Gegenläufigkeit im kollektiven Miteinander.
Was Schloemer choreographiert: die Zeremonie des Erinnerns. Immer reichhaltiger werden die Bilder, die solange voneinander zehren, bis sie zerfallen. [...] Was von den Menschen bleibt: ein Sterbelied, ein Volkslied, traumklar wie diese Bilder.
Schloemers Kunsträume sind wie Landschaften. Man kann sie so wenig interpretieren wie die Natur. Zu kritisieren sind sie kaum. Man muss in sie eintauchen. Das Schloemer-Land wirkt verschlossen und abgeschieden, der Mainstream fliesst nicht hindurch. Dafür hat es den Zauber des Unberührten. Den Weg in diese Gegend muss jeder für sich finden. Aber er lohnt sich. Manchmal geht er direkt zu Herzen.
Christine Richard