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Basler Zeitung, 20. Januar 2013

Wunderschön und rätselhaft
Schlagzeuger Fritz Hauser und Regisseur Joachim Schlömer kreierten mit «Königinnen» ein Schau-, Sing- und Tanzspiel für das Theater Basel. Es geht um Abgründe und Unterbewusstes.

Ein wunderschönes Theatererlebnis vermittelt das Schau/Sing/Tanz-Spiel «Königinnen», das Joachim Schloemer und Fritz Hauser für das Theater Basel kreiert haben. Nur der Sinn erschliesst sich einem nicht so leicht. Das Publikum war am Samstag dennoch begeistert.
Sieben erwachsene und sieben kleine «Königinnen» - alle in Schwarz-, Grau- und Blautönen gekleidet - bevölkern die Bühne. Mütter und Töchter oder Frauen und ihr Kindheits-Ich? Wohl beides. Denn in den extra für Basel geschriebenen Texten von Alissa Walser ist eine Königin - obwohl der Begriff gar nicht vorkommt - eine Frau, die ihr Leben beherrscht und gleichzeitig ein Vorbild ist.
Es geht wohl um Selbstfindung und Selbstbestimmung, Abgründe und Unterbewusstes. Die Bühne - eine wunderschöne Rauminstallation aus Lichtbalken, einer aufgehängten Scheibe, auf die Videos projiziert werden und einem Loch, das geheimnisvoll von unten beleuchtet ist - liegt meist im Halbdunkel.
[...]
«Königinnen» eröffnet Assoziationsräume, und da das Schwergewicht der Aufführung auf der Choreografie liegt, sind diese Räume oft besonders weit.
Manches ist relativ eindeutig: Wenn die sieben Königinnen beispielsweise gemessen und in aufreizender Langsamkeit synchron über die Bühne schreiten, wird man an die Würde erinnert, mit der Maria Stuart aufs Schafott zuging.
Und wenn in einer wiederkehrenden Geste aus den beiden Händen vor dem Kopf eine Art Raubtiergebiss gebildet wird, könnte das auf das Bestialische deuten, das auch im sogenannt schwachen Geschlecht schlummert.
Anderes erschliesst sich aus dem Text, etwa «wir haben verlernt, wie die Kraniche miteinander zu fliegen», das choreografisch umgesetzt wird, indem Darstellerinnen einander Bewegungen abschauen.
Das Königinnen-Septett besteht aus zwei Sängerinnen, zwei Schauspielerinnen, einer Tänzerin und zwei Pianistinnen, aber fast alle machen fast alles.
Schlagzeuger und Ko-Kreateur Fritz Hauser hat einen Soundtrack mit Musik vom Mittelalter bis in die Gegenwart zusammengestellt und bearbeitet. Die Musik gestaltet Stimmungen zwischen Schmerz, Andacht, Liebe aber auch Panik, Angst und Wut.
Doch selbst mit der klanglich-atmosphärischen Unterstützung bleibt vieles rätselhaft, und das ist gut so: Vermutlich sieht jeder Zuschauer, jede Zuschauerin ein anderes Stück.

sda