- 20. Januar 2013
Basler Zeitung
Wunderschön und rätselhaft - 21. Januar 2013
Basellandschaftliche Zeitung
Auf der Suche nach dem verlorenen Stück Leben - 21. Januar 2013
Neue Zürcher Zeitung
Poetischer Ausdrucksraum - 22. Januar 2013
Badische Zeitung
Das kurze Glück der Drohnen
Basellandschaftliche Zeitung, 21. Januar 2013
Auf der Suche nach dem verlorenen Stück Leben
Musiktheater Seelendrama von dunkler Poesie: «Königinnen» von Fritz Hauser und Joachim Schloemer am Theater Basel
Am Rand eines von unten beleuchteten Lochs sitzt sie, die Schauspielerin Carina Braunschmidt. «Ich bin angekommen am Ende», sagt sie mit einem Ausdruck von Melancholie. «Ich bin die Möglichkeit, der Staat, das Land. » Aber nur die Möglichkeit -
nicht mehr. Die Tänzerin Alice Gartenschläger sucht in erhabener Gestik die Balance, erkämpft sich auf einem Bein tanzend die leere Bühne - und stürzt. Mit grosser innerer Kraft lässt sie ihren Körper erzählen, wie die Bürde sie auf den Boden, auf sich selbst zurückwirft.
Sie beide mimen Königinnen im gleichnamigen neuen Musiktheaterprojekt. Der Basler Komponist und Schlagzeuger Fritz Hauser und der Choreograf und Regisseur Joachim Schloemer, von 1996 bis 2001 Tanztheaterdirektor hier am Haus, haben «Königinnen» erfunden. Gemeinsam mit sieben Darstellerinnen und sieben Mädchen haben sie das Stück auf der Kleinen Bühne des Theaters Basel erarbeitet. In assoziativem Nachdenken ergründen sie die Nacht-Seiten königlicher Frauenseelen. Material für diese Seelenstudie liefert die Theater-, Opern- und Literaturgeschichte. Die Schriftstellerin Alissa Walser liefert Texte, unter deren Oberfläche seelische Abgründe klaffen. Zudem greifen Schloemer und Hauser auf Maeterlinks Bienen-Geschichte zurück. Andere Passagen sind von Schloemer und den Darstellerinnen gemeinsam entwickelt worden. Hauser kreiert die Musik aus eigenen Klangschöpfungen, aus Versatzstücken von Wolfgang Amadeus Mozart - «die Königin der Nacht» steht als Patin für das Projekt – von Gaetano Donizetti, Richard Wagner, Giovanni Battista Pergolesi und anderen. Hauser zeigt sich als Meister der Dekonstruktion, er zergliedert, verfremdet bis zur Unkenntlichkeit und baut daraus ein Episodenstück. Auch szenisch arbeiten Schloemer und Hauser mit Schnitten, als würden erschütternde, nie genau fassbare Erinnerung aufblitzen und wieder im Unbewussten verschwinden.
[...]
Es sind ebenso düstere wie poetische Seelenbilder, die Schloemer und Hauser schaffen - bewusst rätselhaft gezeichnet. Bilder, die von der grandiosen Leistung der sieben Darstellerinnen leben, die spielen, tanzen, musizieren. Auch vom genauen, beherzten Spiel der Mädchen. Wer sich einlässt auf das Fragmentarische, das Rätselhafte des spartenübergreifenden Projekts und die Gedanken weiterspinnt, erlebt den Zauber des 75-minütigen, dicht inszenierten dunkeln Musiktheaters.
Christian Fluri