- 11. Juli 2011
Rhein-Neckar-Zeitung
Natur im Kontrast zur Vernunft - 11. Juli 2011
Mannheimer Morgen
Entfernt euch von jeglicher Ideologie! - 12. Juli 2011
Allgemeine Zeitung
Einblick in das eigene Ich
Mannheimer Morgen, 11. Juli 2011
Entfernt euch von jeglicher Ideologie!
Joachim Schloemers Inszenierung der "Zauberflöte" am Nationaltheater Mannheim bietet manch optische Attraktion, tendiert aber zur Materialschlacht
[...] Schloemer gelingen dabei berauschende Bilder, schöne Bilder, ästhetische Bilder. [...] Schloemer belässt das Werk zwar in seiner enigmatischen Welt einer mehr oder minder verzweifelten Suche nach Liebe, Weisheit, Vernunft und Natur. Aber: Er traut keinem Dogmatismus. Beide Welten, jene der Königin und jene Sarastros, sind ihm unheimlich und von Jens Kilian (Bühne) und Dagmar Morell (Kostüme) finster-schwarz eingefärbt. Hier wie dort herrschen Indoktrination und Gewalt. Auch negiert er die große Wende im Werk, wenn das vermeintlich Schlechte ins Gute umkippt. Sarastros Sonnenreich ist nichts als ein kompliziert verbautes Konstrukt voller Abgründe, eine dubiose Männerwelt fern der Freimaurerei, die ihr Licht in einen fahrbaren Edelstahltabernakel eingesperrt hat und erst am Ende, dem heiligen Grale gleich, enthüllt.
Allein Papageno weist uns in dieser trostlosen Welt den Notausgang zu Glückseligkeit. Dem alle zivilisatorischen Errungenschaften ignorierenden Naturburschen ist zu danken, dass die beiden Paare am Ende jeglicher Ideologie (und Lüge) eine Absage erteilen und in der aufgeklärten Welt des Hier und Jetzt ankommen.
In Person des exzellenten Lars Møller ist die Partie bestens besetzt. Er hat genialische Komödien- und Pantomime-Fähigkeiten, zudem brilliert er tonlich mit seinen Stärken und koloriert selbst das rhythmisch so akzentuierte "Ein Mädchen oder Weibchen" noch ungewohnt lyrisch, farblich komplex und beseelt. Ein großer Abend für Møller. Natürlich hat einen solchen auch Maximilian Schmitt als Tamino, der seinen perfekt austarierten Weltklassetenor sicher nicht nur durch die "Bildnis"-Arie führt. Und auch Cornelia Ptassek begeistert. Nach Abwegen im Wagnerfach erinnert sie etwa im zu Tränen rührenden "Ach, ich fühl's" mit fantastischem Piano und edler Phrasierung daran, was für ein außerordentliches Timbre und Vermögen diese Frau bei solcher Musik hat. Einer der Höhepunkte des Abends ist folglich auch ihr Terzett mit Tamino und Sarastro [...]
Stefan M. Dettlinger