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Mannheimer Morgen, 2. Juni 2014

Apokalypse und die Abgründe des Ichs

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Aber natürlich sind da auch Edgar Allan Poe und Franz Kafka ganz nah, vor allem in der Deutung des Teams um Regisseur Joachim Schlömer, das zur polyperspektivischen Darstellung des Ganzen zwei mobile psychologische Räume auf die schwarze Bühne stellt (Jens Kilian). Sie verursachen in fast labyrinthischer Verschränkung durchaus kriminalistischen Horror, weil dieser Welt offenbar nicht zu entfliehen ist (was durch den voyeuristischen Einsatz einer Handkamera verstärkt wird, die Schwarz-Weiß-Aufnahmen der drei toten Frauen sendet, die den Protagonisten stets verfolgen und quälen).

[...] Wie so oft bei diesem Regisseur haben wir den Eindruck des Unfertigen (was zum Konzept gehören mag). [...]

Irgendwie aber wirkt doch alles faszinierend zusammen. Hölszkys kompositorische Kraft hält das aus, und so wie der NTM-Chor (Tilman Michael), der das Geschehen stets kommentiert und Räume öffnet, singt, entsteht ein gewaltiges Erleben, das durch die plastische Arbeit des Orchesters unter Roland Kluttig so sehr verstärkt wird wie durch die Solisten [...] Dass Musik verstört, in uns eindringt, viel von uns verlangt und nach Erkenntnis sucht - das waren einst Forderungen der Moderne. Offenbar lebt sie noch. Das ist eine gute Nachricht, die uns nach dieser Apokalypse froh stimmen sollte.

Stefan M. Dettlinger