Foto

Aachener Zeitung, 19. März 2013

Der Gralskönig liegt krank im Container

Mit Bilder geizt die Neu-Inszenierung von Wagners "Parsifal" am Essener Aalto-Theater nun wahrlich nicht. Joachim Schloemer, von Hause aus Choreograf mit Hang zur Regie, bombardiert die versammelten Wagnerianer geradezu mit optischen Reizen, die sich wie eine irritierende Folie über das Bühnenweihfestpiel legen. Denn Schloemer hat mir dem ganzen Weihe-Kram so was von nichts am Hut, dass es schon fast an ein Bilderverbot grenzt, was er sich im Verein mit Bühnenbildner Jen Kilian und Kostümbildnerin Nicole von Geaevenitz hat einfallen lassen. Und wenn es dann einmal unvermeidlich heilig wird, dann aber mit der ironischen Keule. [...]
Nun ist Schloemer kein reiner Tor, im Gegenteil treibt er ein ziemlich schlitzohriges Spiel mit der ikonenhaften Vorlage. [...] Als abendfüllend erweist sich der Container, der in Klingsors Reich vom Schnürboden baumelnd einen rechteckigen Schatten wirft und im Schlussakt im Kleidermüll der Apokalypse versinkt. Grandiose Effekte bringen Bühnenmaschinerie und Drehbühne hervor. Überhaupt ist immer alles im Fluss, selten sieht man den Parsifal so wenig statisch. Das ist unzweifelhaft eine der Stärken der Regie: diese Nicht-Handlung in Bewegung umzusetzen. Dazu zählt nicht nur die von einer Tänzerin gedoppelte (und ja durchaus ambivalente) Kundry. Schloemer reflektiert etliche der Parsifal-Klischees im Sinne eines zurückweisenden Widerspiegelns. [...] In Essen erlebt man einen streitbaren Parsifal, aber einen lohnenden.

Armin Kaumanns