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Regie Joachim Schloemer Bühne Jens Kilian Kostüme Jens Kilian Licht David Finn Text Stephan Müller & Joachim Schloemer Besetzung Johanna Eiworth, Sabine Haupt, Adrian Furrer, Daniel Jesch, Michael Masula, Hanspeter Müller/Urs Hefti, Edmund Telgenkämper

Gastspiele 09/2002 - Burgtheater Wien

Theater, Theater der Revolte .. das ist so ein großes Wort. Für mich ist es im Zusammenhang mit Artaud nicht ausschließlich eine Rebellion gegen das Publikum, sondern vor allem auch ein Kampf gegen die Grenzen, an die ich selbst mich gewöhnt habe. Was uns Artaud an Provokation in seinen Texten gibt (und in seinem schmerzvoll gelebten Leben), ist wie "Exerzitien", die auf Überschreitung unserer Grenzen gerichtet sind, mit Artaud: Theater ist ein leidenschaftliches Überströmen, eine entsetzliche Übertragung von Kräften Körper zu Körper. Es dreht sich ja nicht um "Grausamkeit"(cruelté) im Sinne von Blut und Brutalität, sondern um Unerbittlichkeit gegenüber sich selbst, und daß man den Zuschauer nicht aus der Umklammerung läßt, bis es vorbei ist: daß er dann seine vitale Kraft, seine Lebensenergie wieder neu spürt.
...ein Theater, das notwendig ist; das uns im Innern berührt, aufstachelt, aus den Angeln hebt; ..uns diese flüchtige, aber wahre Welt verschaffen, diese Welt, die das Wirkliche tangiert. Entweder es wird diese Welt selbst sein, oder wir verzichten auf das Theater.

Joachim Schloemers Auseinandersetzung mit Artauds "Theater der Grausamkeit": Theater, das den Zuschauer in Mitspieler verwandeln soll.
"Und noch kann uns der Himmel auf den Kopf fallen. Und das Theater ist dazu da, uns zunächst einmal dies beizubringen," schrieb der französische Theaterrevolutionär Antonin Artaud (1896-1948).
Grenzerfahrungen macht das Publikum auch bei dieser Produktion des Burgtheaters. Der deutsche Choreograf, Tänzer und Regisseur Joachim Schloemer inszeniert nervenwaage - eine assoziative Auseinandersetzung mit Artaud und seinem "Theater der Grausamkeit".
Für Artaud sollte das Theater nicht eine Wirklichkeit nachbilden, sondern erst schaffen. Er lehnte Naturalismus und Psychologie ab. Elementares körperlich-emotionales Erleben sollte in einem "magischen Vorgang" die Zuschauer mitreißen und in Mitspieler verwandeln.
Ein "Container-Experiment" nennt Schloemer nervenwaage in einem Interview mit dem Magazin "Die Bühne". "Menschen setzen sich in einem Raum freiwillig dem Artaud-Material aus und führen es körperlich wie sprachlich bis an die Grenzen."
Es gehe um "Unerbittlichkeit gegenüber sich selber und dem Zuschauer, dass man ihn nicht aus der Umklammerung entlässt, bis es vorbei ist. Und zwar so, dass er sich wirklich gewürgt fühlt, damit er dann zum Schluss seine ganze vitale Kraft, seine Lebensenergie wieder neu spüren kann."

Produktion des Burgtheaters Wien