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Süddeutsche Zeitung, 16. März 2009

Die Türsteher des Herrn
Schumanns Epos "Das Paradies und die Peri" in Mannheim

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Der Choreograph und Regisseur Joachim Schloemer hat für das Mannheimer Nationaltheater den Engeln ein Luftballett komponiert quer durch den hohen Bühnenraum samt Lamellen-Kletterfassade und für die Daheimgebliebenen, zwei biedermeierliche Paare und einen Pianisten, einen stummen Reigen um den Konzertflügel: eine Schumannsche Behaglichkeits-Anmutung, die ein wenig die mentale Disposition festlegt, aus der dieser keineswegs schwülstige Tagtraum eines christlich-orientalischen Paradieses entstanden sein mag. [...]

Der Komponist Robert Schumann hat eine fast durchkomponierte Klangfläche geschaffen, auf der die einzelnen Szenen als bedeutungsschwere Bilder konzipiert sind, wobei der gesungene Erzählfluss den Mittelpunkt bildet und von der Handlung berichtet [...] die Bewunderung für den Komponisten Schumann ergibt sich dann plötzlich aus einer ganz anderen Perspektive: Man zittert, wie er sich aus dem Kunstland heraus der Kitsch-Grenze nähert, man hört quasi schon die Selbstschussanlagen explodieren, und staunt dann doch, wie sicher Schumann kurz vor dem imaginären Maschendrahtzaun innehält.

Das sind spannende Momente, die vor allem der Dirigent in der Hand hat, und Friedemann Layer gelang da mit dem Orchester des Nationaltheaters Mannheim gute Überzeugungsarbeit, im Chor sogar Beachtliches. Auch die Gesangssolisten, insbesondere ein Mezzo, überzeugten. Mag man in Mannheim noch nicht die letztgültige Regieform für Schumanns Privatoper gefunden haben, einen ernst zu nehmenden Versuch immerhin konnte man vorweisen und damit das Werk aus dem religiös-romantischen Mief retten: ein verdienstvolles und nachahmenswertes Unterfangen.

Helmut Mauró