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Der Tagesspiegel, 30 October 2007

Tanz den Hammer
Von Terroristenteufeln und Papierdrachen: Die Staatsoper Stuttgart stemmt Berlioz' "Trojaner".

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Im dritten Teil schließlich ist Berlioz kurz und gewinnt Prägnanz, und Schloemer entwickelt dazu ebenso schöne wie schlichte Bilder: Da werden die Zelte des Trojanerlagers am Meerestrand zu den Segeln der großen Ausfahrt, und ein Papierdrache über den Köpfen der Zuschauer zeigt den Wind an; da lässt die Regie die Liebenden zum hochdramatischen Abschied auf leerer Bühne zurück, baut den Scheiterhaufen für Dido aus endlos aufgetürmten Möbeln, womit ein mögliches Idyll verbrennt. Auch der Schluss ist ein großer Moment: Wenn sich Didos Rache personifiziert, indem der späte Rächer Hannibal mit den Insignien des modernen Feldherrn als Kind durchs Fernglas strategisch in die Zukunft schaut. Dieses Kind bleibt als Bild - auch ganz eng an der Offenheit von Berlioz' musikalischer Vision.

Das Stuttgarter "Trojaner"-Monument bewegt viele Menschen auf der Bühne. Unmöglich alle zu nennen, nicht einmal die Kabinettstückchen der oft brillanten Einzelleistungen lassen sich aufzählen. Wichtig ist, dass Schloemer nicht nur auf Musik setzt, sondern seiner Genese als Choreograph getreu die Szene mit Tänzern durchsetzt, die eine Art Kontrapunkt des Ausdrucks bieten - etwa dem Tanz der Witwe Andromache (Ines Fernandez) mit einem symbolischen Riesenhammer. Hier ist mit oder ohne Musik auf einmal die große mythische Dimension im wahnsinnigen Schmerz der Verlassenen eingelöst. [...]

Gerorg-Albrecht Eckle