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Neue Zürcher Zeitung, 2. Juni 2014

Der Mensch in der Masse
Adriana Hölszkys neue Oper «Böse Geister»

Die Stärke von Adriana Hölszky ist ihr Mut zur Zeitkritik. Von dieser Haltung profitiert ganz wesentlich ihr Schaffen für das Musiktheater, wie schon die Wahl der Stoffe zeigt. Für ihre neue Oper, die in Mannheim uraufgeführt wurde, hat die in Stuttgart lebende Rumäniendeutsche auf Dostojewskis «Böse Geister» zurückgegriffen. Der Roman ist besser bekannt als «Dämonen» [...]

Zwar wird in Hölszkys Oper die Handlung nicht linear erzählt, dennoch sind die persönlichen Geschichten wie auch der Lauf der Geschichte mehr als nur angedeutet. Dafür steht schon alleine die Musik, die bildhafte, geradezu körperliche Assoziationen weckt. [...] Einmal mehr steht der Chor im Zentrum, und es fasziniert, welche Klänge und Laute die Komponistin dem Chor entlockt. Die Anweisungen in der Partitur sind umfangreich, und manche Klänge wirkten wie elektronisch verfremdet, was sich im geräuschhaft-gestischen Instrumentalstil fortsetzte. Unter der Leitung von Roland Kluttig und Tilman Michael wurden Hölszkys Klangaktionen von Chor und Orchester in Mannheim sehr präsent und direkt verlebendigt. Da der Chor auf dem hinteren Logenrang über dem Publikum positioniert war, ergaben sich ausserdem eindrucksvolle Raumklang-Wirkungen.

Marco Frei