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Regie Joachim Schloemer Musikalische Leitung Etienne Abelin Bühne Nadia Fistarol Kostüme Nadia Fistarol Dramaturgie Bettina Auer Licht Andy Grüter Video Bill Morrison Ton Michael Seberich Besetzung Markus Merz (Restaurator) Musiker [url=www.matteisproject.com]The Matteis Project Ensemble[/url],[url=www.etienneabelin.com]Etienne Abelin[/url] (E-Violine, Barockvioline, Arrangements), Julia Schröder (Barockvioline), Stephanie Meyer (Barockvioloncello), Monica Pustilnik (Theorbe), Giogio Paronuzzi (Cembalo), Maurizio Grandinetti (E-Gitarre, Arrangements), André Buser (E-Bass, Arrangements), Thomas Jeker (Electronics), [url=www.marisamartins.com]Marisa Martins[/url] (Barocksängerin), [url=www.mariemodiano.com]Marie Modiano[/url] (Popsängerin)

Michelangelos kürzlich restaurierte Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle und Musik des italienischen Barockkomponisten Nicola Matteis bilden die Ausgangsbasis zum Projekt A Clear View of Heaven. In einem musiktheatralen Raum zwischen Barock und Pop, zwischen Restauration und ReImagination tauchen existenzielle Fragen auf. Woher kommen wir? Ist unsere Lebensrealität konstant? Kann und soll Wissenschauft Mythen entzaubern?
(Programmheft Lucerne Festival 07)

Im Klangprojekt a clear view of heaven treffen sich Musiker mit modernen und Barockinstrumenten um Etienne Abelin, der Videokünstler Bill Morrison, die Barocksängerin Marisa Martins und die Popsängerin Marie Modiano sowie der Schauspieler Markus Merz um sich unter der Regie von Joachim Schloemer Fragen nach unserer Herkunft zu stellen. Das Klangprojekt ist ein Kongress, der am Beispiel der Sixtinischen Kapelle über den Restaurationsprozess nachdenkt und den Wert unserer Erinnerung hinterfragt.
Alte und neue Musik überkreuzen sich unmerklich auf einer Zeitschiene von der Vergangenheit in die Moderne und umgekehrt, Texte wenden sich von restaurativen Betrachtungen zu visionären Entwürfen, Bild zerfällt - altes und neues oder gar in der Zukunft liegendes. Zeiten durchmischen sich und der Wert unserer Erinnerung wird in Frage gestellt.
Können wir etwas über uns erfahren wenn wir etwas restaurieren, wenn etwas freigelegt, verschönert, erhellt wird oder verschwimmt das eigene Bild unserer Vergangenheit dadurch eher noch mehr?
Verfall und Erneuerung, Wiederhervorholen: wie eine alte verfallene Fotografie der Eltern auf der wir unsere ganze Kindheit in einem Moment wiederentdecken. Müssen wir Verfall zulassen oder entgegenarbeiten? Oder gibt es einen dritten Weg, ein Erneuern und Umarbeiten zum Palimpsest: einer alten Gestalt, von der die oberste Schicht abgeschabt und eine neue darüber geschrieben wird, aber so, dass die ursprüngliche noch schemenhaft darunter zu erkennen ist?
Wie sieht Verfall im digitalen Zeitalter aus? Gibt es ein allmähliches Verwittern noch oder schwankt Erinnerung nicht vielmehr zwischen vollständiger Präsenz und schwarzem Loch, dem digitalen Absturz?
Jede musikalische Aufführung ist eine Erneuerung. Wo Traditionen fehlen, wie etwa in der Alten Musik, spielen Fragen nach Restauration und Aktualisierung eine besonders dringende Rolle. Genügt es, Barockmusik gemäß der historisch informierten Musikpraxis zu spielen und zu singen? Lässt sich der Geist dieser Musik mit den modernen Mitteln, elektrisch verstärkten Instrumenten und Popgesang, heute vielleicht besser transportieren? Und was passiert, wenn Alte Musik mit elektronischen Mitteln statt aktualisiert einem weiteren Zerfall preisgegeben wird?
(Joachim Schloemer Februar 07)